Dienstag, 13. Februar 2018

Kapuzenjacke wird zum Blouson

Ex-Kapuzenjacken

Maschinenwaschbare Reißverschlussjacken aus Sweatshirtstoff sind bequem und praktisch. Damengrößen gibt es mysteriöserweise nur mit Kapuze. Kein Mensch wärmt sich mit einer Baumwollkapuze. Nicht mal der Nacken bleibt warm, weil die Kapuze den hinteren Halsausschnitt nach unten zieht. Kapuzen füllen Koffer und Waschmaschine, brauchen lange zum Trocknen. Sie sind inkompatibel mit der Kapuze an Regen- oder Winterjacken.

Die Kapuzen sollten ab.

Ich besaß fünf schwarze Kapuzenjacken. Jetzt habe ich nur noch zwei. Drei der Jacken haben jetzt Blousonkrägen. Eine Anleitung für dieses Projekt habe ich nicht gefunden. Deshalb poste ich, wie ich es gemacht habe.

Am liebsten hätte die Kapuzen durch Stehkrägen ersetzt. Das scheiterte an zwei Dingen: Für einen Stehkragen hätte ich den Reißverschluß auswechseln müssen. Das war zu viel Arbeit. Bei zwei der drei Jacken war der Halsausschnitt so weit, dass ein Stehkragen zu weit vom Hals abgestanden hätte. Also mußte ich mich mit einem Blousonkragen begnügen.

Für die ersten beiden Jacken entstammten alle benötigten Materialien (mit Ausnahme des Aufhängers) der Kapuze. Für die dritte Jacke habe ich zusätzlich Bündchenstoff und 1cm breites Samtband verwendet.

Wenn man alle Materialien und Werkzeuge hat und weiß, wie es geht, braucht man 2-4 Stunden pro Jacke. Die meiste Zeit kostet es, die Kapuze zu entfernen.



Abtrennen der Kapuze

Fusselei...

Die Kapuze abzutrennen ist ein mühsames Geschäft. Meine Kapuzen waren mit einer Overlocknaht an die Jacke genäht (erste Naht) und abgesteppt (zweite Naht). Bei zwei der Jacken war die Naht mit einem Köperband verstärkt (dritte Naht). Das Band wird noch benötigt.

Die Nähte müssen erst mal vorsichtig aufgetrennt werden , so dass eine Öffnung entsteht [1]. Wenn man Glück hat, ist der Stoff stabil und der Faden mürbe. Dann kann man die Naht (teilweise) aufreißen. Leider ging das nur bei einer der Jacken. Will man den Kapuzenstoff für den Kragen verwerten, muß man die Kapuze auch noch auftrennen.

Anschließend muß man die Fädchen aus dem Stoff zupfen. Selbst wenn man das sorgfältig macht, hinterläßt die kapuzenbefreite Jacke überall Fadenreste. Ein Fusselroller ist bei dieser Arbeit fast so wichtig wie die Nähmaschine.



Kragen zuschneiden

Ich habe zwei Kragen aus Bündchenmaterial, und einen aus dem Sweatshirtmaterial der Kapuze zugeschnitten. Dazu mißt man die Länge des gesamten Halsausschnittes. Bei meinen Jacken lag die Größe des Halsausschnittes zwischen 38 und 56cm.

Bündchen (egal ob Ärmelbündchen [2], Taillenbündchen oder Blousonkragen) müssen beim Annähen gedehnt werden. Deshalb werden sie immer etwas kürzer zugeschnitten. Bündchen aus Jersey und Sweatstoff sollten 80%, Bündchen aus Bündchenmaterial 70% der Ausschnittweite lang sein. Bei 50cm Halsausschnitt wäre ein Sweatbündchen also 40cm, ein Rippenbündchen 35cm lang. Dazu kommt je 1cm Nahtzugabe an jedem Ende.

Mein Kragen soll 2,5cm hoch werden. Er wird doppelt gelegt (=5cm) und kriegt ebenfalls 1cm Nahtzugabe auf jeder Seite (=7cm). Für einen 50cm langen Halsausschnitt muß man also einen 7cm breites und 42cm langes Stück Sweatshirt-Stoff ausschneiden. [3]

Den Streifen faltet man längs in der Mitte und bügelt ihn. Dann schneidet man die Enden halbrund zu. [4]

Für den Aufhänger habe ich ein 9-10 cm langes und 1 cm breites Stück Band genommen. Das Band faltet man und steckt in der hinteren Mitte zwischen die Stofflagen des Kragens. Das Band verschiebt sich gerne, deshalb habe ich es festgeheftet [5].



Heften, Stecken und Nähen

Heften und Stecken

Der Kragen muß nun gedehnt an den Halsausschnitt angenäht werden. Wie das geht, erklärt Anna am Beispiel eines Pullovers in ihrem Video Halsbündchen berechnen und annähen . Am schwierigsten ist es, die Enden des Bündchens zu nähen. Der Reißverschluss ist im Weg. Dummerweise ist das auch die Stelle, die am fertigen Produkt am stärksten auffällt. Deshalb habe ich die Enden des Kragens angeheftet [5]. Den Rest habe ich gesteckt.

Den Kragen habe ich mit dem geschlossenen Overlockstich [6] einer normalen Nähmaschine an die Jacke genäht. Anschließend habe ich die Nahtzugabe zur Jacke hin gebügelt und sehr knappkantig (2mm) mit einem normalen Steppstich abgesteppt [7]. Ich habe bei der letzten Jacke einen Schmalkantenfuß benutzt. Die Zunge lag in der Kragennaht. Mit Stichlage links konnte ich bequem 2mm von der Kragennaht entfernt steppen. Ein normaler Nähfuß tat es bei den ersten zwei Jacken auch.

Zuletzt habe auf der Innenseite der Jacke ein 1cm breites Band [8] auf die Kragennaht genäht, um zu verhindern, dass der Kragen ausleiert. Das Band habe ich sorgfältig an die Kragennaht geheftet [5]. Dann habe ich es von rechts mit zwei Nähten auf der Kragennaht und der Absteppnaht festgenäht. Dafür habe ich wieder einen einfachen Steppstich genommen.



Das Endprodukt

Nummer eins

Mein erster Versuch. Ich habe nicht mal ein "Vorher"-Bild gemacht.

Die erste Jacke hatte eine schönen kleinen Halsausschnitt. Die Kapuze war vorne mit einem Rippenbündchen eingefaßt. Ich habe das Bündchen abgetrennt, gekürzt und an den Jackenkragen genäht.

Der Kragen hat genau die richtige Weite. Allerdings sieht das rechteckig zugeschnittene Kragenkante etwas seltsam aus. Es wäre besser gewesen, die Kanten anzuschrägen. Das habe ich bei der nächsten Jacke gemacht.



Nummer zwei

Kragen aus Kapuzenstoff. Leider zu weit. Der Kragen steht ab

Den Kragen der zweiten Jacke ist aus Kapuzenstoff. Ich habe den Kragen in zwei Teilen zugeschnitten, zusammengenäht, die Nähte auseinandergebügelt und die Naht zugaben festgesteppt. Bei diesem Kragen habe ich die Enden angeschrägt.

Diesmal ist der Kragen ist weit und steht ab [3]. Bei der nächsten Jacke habe ich Bündchenstoff der Halsweite angepaßt.



Nummer drei

So einigermaßen

Die dritte Jacke hatte einem mit 56cm riesigen Halsausschnitt. Ich habe mir Bündchenstoff gekauft und daraus einen 35cm langen Kragen (plus 2cm Nahtzugabe, also 37cm) zugeschnitten. Die Enden habe ich diesmal abgerundet. [4]

Der Bündchenstoff wurde stärker gedehnt als empfohlen. Es war sehr schwierig, die Kragenenden gleichmäßig anzunähen. Den ersten Versuch habe ich wieder aufgetrennt. Beim zweiten Versuch habe ich die Kragenenden sorgfältig geheftet. Das half ein bißchen. Trotzdem ist die linke Kragenspitze etwas weiter vom Reißverschluss weg als die rechte. Sollte es ein nächstes Mal geben, nähe ich die Kragenspitzen mit der Hand fest, bevor ich den Rest des Kragens feststecke und nähe.

Dieser Kragen liegt an. Allerdings hätte ich mir den Kragen etwas höher am Hals gewünscht. Dafür hätte ich ihn wohl breiter machen müssen.



Fazit

Ich habe aus drei unpraktischen Jacken drei praktische Jacken gemacht. Meine Kapuzenjacken habe ich nur zu Hause angezogen. Die Blousons kann ich nun unter anderen Jacken oder beim Sport anziehen. Vorzeigbar sind sie nicht geworden.

Bei dem Projekt habe ich sehr viel über das Ausmessen und Annähen von Krägen und Bündchen gelernt. Außerdem habe ich zum ersten Mal Sweatshirtstoff verarbeitet.

Wenn ich noch einen Kanditaten hätte, würde ich versuchen, einen konischen Kragen aus Kapuzenstoff zu nähen [3]. Allerdings werden die beiden letzten Jacken ihre Kapuzen behalten. Eine Jacke ist aus Fleece. Da macht eine Kapuze Sinn, weil sie faktisch wärmt. Die andere Jacke hat einen so großen Halsausschnitt, dass es unmöglich ist, einen anderen Kragen anzunähen.



Fußnoten und Quellen

[1] Als ich alle Kapuzen abgetrennt hatte, entdeckte ich das Video Overlocknaht ganz leicht auftrennen. Vielleicht wäre es einfacher gegangen.

[2] Wenn man das Nähen von Bündchen erst mal üben möchte: Ärmel von Sweatjacken und -pullis zu kürzen ist einfach. Anna von "Einfach Nähen" erklärt in ihrem Video Bündchen annähen, wie das geht.

[3] Mein Halsumfang ist 32 cm. Wie man im Abschnitt "Endprodukt" sehen kann, kriegt man kein schönes Ergebnis, wenn man einen 40cm langen Kragen um einen 32cm-Hals legt. Der Kragen steht ab. Eine Lösung könnte sein, den Kragen nicht als Streifen, sondern konisch zuzuschneiden. Das habe ich aber nicht probiert. Falls man das versuchen möchte: Auf Novaks Nähkästchen findet man eine Anleitung zum Konstruieren von Stehkrägen. Einfacher könnte es sein, sich einen passenden Konus (mit 1:1 PDF zum Ausdrucken) vom Webdienst Cone pattern generator erstellen zu lassen.

[4] Wenn man gerne ein Schnittmuster für die Rundung möchte, kann man sich z. B. das Schnittmuster für diesen Blouson runterladen und den Kragen kopieren.

[5] Ich schaffe es immer wieder, Heftnähte fest zu nähen. Das Entfernen des gut sichtbaren weißen Reihgarns auf meinen typischerweise schwarzen Sachen ist ein Graus. Inzwischen benutze ich Madeira Wash Away (wasserlöslicher Heftfaden). Das Zeug ist genial. Wenn es naß wird, verschwindet es spurlos. Man sollte beim Heften trockene Hände haben. Sonst habe ich bislang keine Nachteile finden können. Angeblich kann man es sogar als Maschinengarn verwenden. Das habe ich noch nicht probiert.

[6] In der Gebrauchsanleitung meiner Pfaff von 1992 heißt der Stich noch "Pulloverstich". Mit diesem Stich kann man gleichzeitig zusammennähen und versäubern. Das Auftrennen des Stiches ist ziemlich mühsam. Alternativ kann man die Naht mit einem schmalen Zickzackstich nähen. Dann muß man allerdings die Nahtzuzugabe noch versäubern.

[7] Eigentlich soll man für dehnfähige Stoffe elastische Nähte benutzen, weil nichtelastische Nähtebeim Dehnen des Stoffes reißen können. Ein Jackenkragen wird wenig gedehnt. Er soll auch gar nicht gedehnt werden, deshalb wird am Schluß ein Köperband von innen über die Kragennaht genäht.

[8] Zwei der Jacken kamen mit Köperband an der Kragennaht. Das habe ich wiederverwendet. Für die dritte Jacke mußte ich mir Nahtband kaufen. Leider gab es im Ort kein schwarzes Köperband, und ich mußte sündhaft teures schwarzes Samtband (für ca 3€ pro Meter!) kaufen.



History

Erstellt: 2018-01-27

Edit: 2018-02-13 (bei Creadienstag und HOT verlinkt)